Europa

Arbeitnehmerfreizügigkeit

Mobile Arbeitnehmer*innen der Europäischen Union genießen umfassenden Schutz vor Benachteiligungen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit.

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten das Recht, ihren Arbeitsplatz innerhalb der EU frei zu wählen. Sie benötigen keine Arbeitserlaubnis und haben in jedem anderen Mitgliedstaat den gleichen Zugang zu Beschäftigung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das heißt, sie und ihre Familienangehörigen haben dort ein Aufenthaltsrecht zur Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt als Arbeitnehmer, wer für einen anderen nach dessen Weisung eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, und eine Leistung erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Über das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft ist im Rahmen einer Gesamtschau aller Umstände sowohl der fraglichen Tätigkeiten als auch des fraglichen Vertragsverhältnisses zu entscheiden. Dabei bleiben Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen, außer Betracht.

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit verbietet gemäß Artikel 45 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Diskriminierung von EU-Arbeitnehmer/innen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit. Dies erstreckt sich auch auf die Gewährung aller sozialen und steuerlichen Vergünstigungen. Auch eine mittelbare ("versteckte") Diskriminierung ist verboten, d.h., Maßnahmen, die typischerweise Ausländer*innen gegenüber Inländer*innen benachteiligen, ohne sich direkt auf das Merkmal der Staatsangehörigkeit zu beziehen, sind ebenfalls unzulässig. Eine solche mittelbare Diskriminierung kann zum Beispiel gegeben sein, wenn für eine Stelle in Deutschland deutsche Sprachkenntnisse gefordert werden, die objektiv nicht erforderlich sind. Ist es für eine Arbeitsstelle konkret erforderlich deutsche Sprachkenntnisse zu haben, darf der Arbeitgeber für diese Stelle auch einen Nachweis von Sprachkenntnissen verlangen. Er darf jedoch nicht verlangen, dass die Sprachprüfung in Deutschland abgelegt wurde. Zudem darf ein Arbeitgeber eine Unionsbürgerin oder einen Unionsbürger auch nicht allein wegen des Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat gegenüber anderen Bewerberinnen und Bewerbern benachteiligen.

Als Unionsbürger*in darf man auch in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort zur Arbeitsuche aufhalten. Jedoch besteht dieses Recht zunächst nur für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten, darüber hinaus nur, solange der Betroffene nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden (§ 2 Absatz 2 Nr. 1a Freizügigkeitsgesetz/EU). Grundsätzlich besteht während dieses Aufenthalts zur Arbeitssuche kein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuche nach dem Sozialgesetzbuch II (§ 7 Abs. 1 Satz 2 lit. b SGB II, siehe weiter unten ausführlich).

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt unter bestimmten Umständen (zum Beispiel bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit nach einem Unfall oder bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit) auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für sechs Monate oder länger fort und verleiht der Unionsbürgerin oder dem Unionsbürger und den Familienangehörigen während dieser Zeit ein ansonsten voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht.

Mit der im Jahr 2014 verabschiedeten EU-Richtlinie 2014/54/EU über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmer*innen im Rahmen der Freizügigkeit zustehen, wurden Maßnahmen eingeführt, die die Arbeitnehmerfreizügigkeitsrechte in der Praxis stärken sollen. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten insbesondere zur Einrichtung von nationalen Beratungsstellen für Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, Zugang zu sozialen und steuerlichen Vergünstigungen, Zugang zu beruflicher Bildung und Wohnraum, und deren Aufgabe darüber hinaus in der Erhebung von Daten und wissenschaftlichen Analysen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit liegt. In Deutschland wurde im Mai 2016 die EU-Gleichbehandlungsstelle eingerichtet, die allen EU-Arbeitnehmerinnen und EU-Arbeitnehmern offensteht. Sie stellt Informationen zu den Themen Arbeiten und Leben in zehn Fremdsprachen zur Verfügung. Sie bietet Orientierungshilfen zu allen Fragen der Arbeitnehmerfreizügigkeit und hilft den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine unabhängige rechtliche Beratung zu finden. Die Stelle kooperiert mit allen für das Themenfeld relevanten Akteuren, fördert die Vernetzung mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sowie mit staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen.

Weitere Informationen zur Einreise und zum Aufenthalt von Unionsbürgern finden Sie auf der Website des Bundesministeriums des Innern.

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