Das neue Bürgergeld bedeutet mehr Sicherheit, mehr Respekt und mehr Freiheit für ein selbstbestimmtes Leben. Es geht um Würde und Wertschätzung in dieser Gesellschaft. Denn klar ist: Wer nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, muss auf die Unterstützung des Sozialstaats zählen können. Die staatliche Hilfe soll künftig bürgernäher, unbürokratischer und zielgerichteter sein.
Im Koalitionsvertrag haben die drei Regierungsparteien vereinbart, die bisherige Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV") weiterzuentwickeln. Dafür hat Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil jetzt konkrete Vorschläge vorgelegt.
Aus der Grundsicherung soll ein modernes Bürgergeld werden. Im Einzelnen geht es darum, dem Einzelnen durch Qualifizierung, Weiterbildung und zielgerichtete Unterstützung zu helfen, einen Arbeitsplatz zu finden. Es geht um praktische Erleichterungen – und um Respekt.
"Größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren": Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil zum geplanten Bürgergeld:
Warum ist diese größte Reform des Sozialstaats seit fast 20 Jahren nun notwendig? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Welt hat sich weitergedreht und wer genau hinschaut, stellt fest, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt heute eine ganz andere ist als bei der Einführung der Grundsicherung ("Hartz IV") vor fast zwei Jahrzehnten. Heute werden Fachkräfte dringend gesucht und nach wie vor geht es darum, Menschen ohne Arbeit schnell wieder Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Deshalb erhält etwa zusätzliche Förderung, wer einen Berufsabschluss nachholt, ebenso, wer sich weiterbildet. Zugleich kommen die Regelsätze auf den Prüfstand und sollen in angemessener Höhe angehoben werden.
Im Interview mit der Berliner Morgenpost hat Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil erläutert, was sich beim Zuschnitt der Solidarleistungen aus Steuermitteln ändert:
Mit dem Bürgergeld wollen wir Menschen besser, gezielter und schneller in Arbeit bringen. Wir wollen dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen – zum Beispiel durch das Nachholen eines Berufsabschlusses. Und wir wollen das System unbürokratischer gestalten. Aber es muss auch darum gehen, dass die Leistungen angemessen sind. In dieser schwierigen Situation dürfen wir diejenigen nicht vergessen, die aus existenziellen Gründen auf die Leistungen des Staates angewiesen sind.
Das sind die Eckpfeiler für das neue Bürgergeld:
I. Neues Miteinander, neue Chancen auf Arbeit
- Gemeinsam vereinbaren Arbeitsuchende und Jobcenter einen Kooperationsplan für den individuellen Weg in Arbeit.
- Grundlage der Zusammenarbeit soll Vertrauen sein. In den ersten sechs Monaten, der sogenannten Vertrauenszeit, können deshalb künftig keine Leistungen mehr gemindert werden.
- Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses stehen im Vordergrund. Der sogenannte Vermittlungsvorrang wird daher abgeschafft.
- Für Weiterbildungen werden ein zusätzlicher finanzieller Ausgleich und neue Angebote geschaffen. Wer etwa einen Berufsabschluss nachholt, kann künftig statt bisher zwei dann für bis zu drei Jahre gefördert werden.
- Der Soziale Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II) wird fortgeführt: Jobcenter können weiterhin sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse fördern, um Menschen nach besonders langer Arbeitslosigkeit zu aktivieren.
- Menschen, denen es besonders schwerfällt, eine Arbeit zu finden oder aufzunehmen, können durch professionelles Coaching unterstützt werden.
II. Mehr Sicherheit, mehr Respekt für Lebensleistung
- Vermögen und Angemessenheit der Wohnung werden erst nach 24 Monaten Bürgergeldbezug überprüft.
- Nach Ablauf der 24 Monate (Karenzzeit) ist ein höheres Schonvermögen als bisher vorgesehen. Rücklagen für die Altersvorsorge werden ebenfalls besser geschützt.
- Für Auszubildende, Schüler*innen und Studierende, die Bürgergeld beziehen, gelten höhere Freibeträge für die Ausbildungsvergütung oder den Nebenjob.
III. Regelsätze und Sanktionen
- Die Regelsätze sollen zum 1. Januar 2023 angemessen und deutlich steigen. Einzelheiten werden im Gesetzentwurf ergänzt, sobald die erforderlichen Berechnungen abgeschlossen sind.
- Die Vorgaben für Leistungsminderungen (sogenannte Sanktionen) werden auf Basis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 neu geregelt.
- Für Rückforderungen zu viel ausgezahlter Beträge gilt künftig eine Bagatellgrenze.
Die Bürgergeld-Reform startet in der nächsten Zeit mit einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Nach der sogenannten Ressortabstimmung (Prüfung seitens aller beteiligten Bundesministerien) und einem anschließenden Kabinettbeschluss wird das Bürgergeldgesetz von Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen (siehe auch dieses Video des Deutschen Bundestages).
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