Am 1. Januar 2004 ist das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt in Kraft getreten. Das Gesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Umsetzung der Agenda 2010. Im Interesse von mehr Wachstum und Beschäftigung sollen Neueinstellungen, vor allem in Kleinbetrieben und bei Existenzgründern, gefördert und Lohnnebenkosten gesenkt werden. Dabei werden die Interessen der Unternehmen, der Arbeitnehmer und der Arbeitsuchenden ausgewogen berücksichtigt. Das Gesetz enthält weiterhin die erforderlichen Änderungen des Arbeitszeitgesetzes aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 9. September 2003 zum Bereitschaftsdienst.
Im Arbeitsrecht gibt es folgende Änderungen:
Änderungen im Kündigungsschutz
Ab 1. Januar 2004 gilt das Kündigungsschutzgesetz mit zwei Anwendungsschwellen: In Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern gilt das Gesetz nicht für neu eingestellte Arbeitnehmer, d.h. für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat. Arbeitnehmer, die am 31. Dezember 2003 in einem Betrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmern beschäftigt waren, haben weiterhin Kündigungsschutz. Unter Zugrundelegung der bisherigen Anwendungsschwelle des Kündigungsschutzgesetzes behalten diese Arbeitnehmer ihren Kündigungsschutz so lange, wie im Betrieb mehr als fünf Arbeitnehmer tätig sind, die am 31. Dezember 2003 dort schon beschäftigt waren. Wie bisher werden bei der Ermittlung der beiden Anwendungsschwellen teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer anteilig berücksichtigt (bis 20 Wochenstunde mit 0,5, bis 30 Wochenstunden mit 0,75). Die Anhebung der Anwendungsschwelle soll Arbeitgeber in kleinen Betrieben ermutigen, auf eine verbesserte Auftragslage schneller als bisher mit Neueinstellungen zu reagieren, und damit Arbeitsuchenden bessere Beschäftigungschancen eröffnen.
Im Interesse größerer Rechtssicherheit wird bei betriebsbedingten Kündigungen die Sozialauswahl auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers beschränkt. Von der Sozialauswahl können diejenigen Arbeitnehmer ausgenommen werden, deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Erhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Die gerichtliche Überprüfung der Sozialauswahl wird auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat bei einer Betriebsänderung einen Interessenausgleich vereinbart und die zu kündigenden Arbeitnehmer in einer Namensliste benannt haben.
Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung erhalten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit einer einfachen und kostengünstigen außergerichtlichen Klärung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt, kann der Arbeitnehmer zwischen der Kündigungsschutzklage oder einer Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes je Beschäftigungsjahr wählen. Der Abfindungsanspruch setzt voraus, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe stützt und den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass er die im Gesetz vorgesehene Abfindung beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage verstreichen lässt.
Die dreiwöchige Klagefrist, die bisher bereits für Kündigungen nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt, wird auch für die gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung aus anderen Gründen, z.B. bei nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung, eingeführt. Damit besteht in jedem Fall einer Arbeitgeberkündigung alsbald Klarheit über den Fortbestand oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Änderungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz
Für Existenzgründer wird die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erleichtert. In den ersten vier Jahren des Bestehens eines neu gegründeten Unternehmens (jedoch nicht bei Neugründung im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen) können befristete Arbeitsverträge ohne Sachgrund bis zur Dauer von vier Jahren abgeschlossen werden. Dabei wird berücksichtigt, dass in der schwierigen Aufbauphase eines Unternehmens der wirtschaftliche Erfolg besonders ungewiss und die Entwicklung des Personalbedarfs schwer abschätzbar ist.
Änderungen im Arbeitszeitgesetz
Im Arbeitszeitgesetz werden die notwendigen Änderungen in Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes zum Bereitschaftsdienst vom 9. September 2003 vorgenommen. Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst werden insgesamt als Arbeitszeit gewertet. Die Tarifvertragsparteien erhalten Gestaltungsspielräume. Sie können in einem abgestuften Modell auf tarifvertraglicher Grundlage längere Arbeitszeiten vereinbaren.
Die Arbeitszeit darf auf tarifvertraglicher Grundlage über zehn Stunden je Werktag hinaus mit Zeitausgleich verlängert werden; die Tarifvertragsparteien können den Ausgleichszeitraum auf bis zu zwölf Monate ausweiten. Erscheint den Tarifvertragsparteien eine interessengerechte Arbeitszeitgestaltung auf dieser Grundlage nicht möglich, können sie vereinbaren, die Arbeitszeit auch ohne Zeitausgleich über acht Stunden je Werktag hinaus zu verlängern. Dabei muss ausdrücklich sichergestellt werden, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird. Der Beschäftigte muss schriftlich einwilligen. Beschäftigten, die nicht einwilligen oder ihre Einwilligung - mit einer Frist von sechs Monaten - widerrufen, darf daraus kein Nachteil entstehen. Die Änderungen im Arbeitszeitgesetz sind am 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Die Tarifvertragsparteien erhalten jedoch eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2005, innerhalb derer die jetzt bestehenden Tarifverträge zur Arbeitszeit weiter gelten. Damit wird den aktuellen Umstellungsproblemen aller Branchen mit hohem Anteil von Bereitschaftsdiensten und Arbeitsbereitschaft Rechnung getragen (insbesondere auch Feuerwehren und Straßentransportgewerbe).