Der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, hat heute zum vierten Mal den Bundesteilhabepreis verliehen. Im Rahmen der Inklusionstage, einer jährlich stattfindenden Veranstaltung des Ministeriums, überreichte er den drei Gewinnern die Urkunden. Der Wettbewerb zum Thema "Wohnen barrierefrei – selbstbestimmt – zeitgemäß" suchte bundesweit nachahmenswerte Projekte und ist mit insgesamt 17.500 Euro dotiert.
Die heute ausgezeichneten Projekte zeigen, dass barrierefreier Wohnraum nicht teuer sein muss und wie einfach man Menschen damit ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen kann. Dank der Zusammenarbeit mit Fachleuten und Verbänden wurden sehr verschiedene, aber stets nutzerorientierte und nachhaltige Lösungen geschaffen. Beeindruckt hat mich bei allen drei Preisträgern die Kreativität ihrer barrierefreien Wohn-Konzepte.
Der Bundesteilhabepreis prämiert jedes Jahr Projekte, die das große Potenzial eines inklusiven, barrierefreien Sozialraums zeigen und als Vorbild dienen können. Insgesamt wurden 94 Projekte für den Bundesteilhabepreis 2022 eingereicht. Eine unabhängige Fachjury, bestehend aus 12 Expertinnen und Experten der Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie aus den Kommunen und den Ländern, hat die Preisträger weisungsfrei und anonymisiert ausgewählt. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit hat das Wettbewerbsverfahren im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales umgesetzt.
Wir sind beeindruckt von der Qualität der eingereichten Projekte. Sie haben uns gezeigt, dass es viele Möglichkeiten gibt, barrierefreien Wohnraum zu schaffen – und dass es auch mit nur sehr geringen Mehrkosten möglich ist. Auch bezüglich der baulichen Flexibilität, der Standardisierung von Baumodulen, der Berücksichtigung intelligenter Technik und der barrierefreien Kommunikation mit Mieterinnen und Mietern haben wir hier vorbildliche Projekte kennengelernt. Diese können wirklich als gute Beispiele für andere Projekte dienen, um mehr und schneller barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wir freuen uns, dass wir durch die Ausschreibung des Bundesteilhabepreises diese Projekte sichtbar machen können.
Videobericht in Gebärdensprache
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Die Preisträger des Bundesteilhabepreises 2022
1. Preis: Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen e.V. mit Tochtergesellschaft: WSG Dienstleister GmbH (Projekt: Wohnen am Schönwasserpark)
In einem mehrstufigen Entwicklungskonzept wurde für das Projekt "Wohnen am Schönwasserpark" ein modernes und barrierefreies Wohnquartier mit 146 Wohnungen realisiert. Teil des Projektes sind sowohl Neubauten als auch ein modernisierter Bestandsbau. Von 146 Wohnungen sind 124 barrierefrei nach DIN 18040-2. Das Projekt zeigt, dass die Mehrkosten bei der Schaffung von barrierefreiem Wohnraum nicht hoch sein müssen: Bei zwei von den sechs Neubauten betrugen die Mehrkosten für Barrierefreiheit gemäß DIN nur 1,61 Prozent.
Neben rollstuhlgerechten Wohnungen wurden u.a. Nullschwellen, höhenverstellbare WCs, ein Liegendaufzug und E-Mobilität in dem Projekt berücksichtigt. Auch das innovative Konzept der "Wanne to go", mit dem sich ohne großen Aufwand ein barrierefreies in ein rollstuhlgerechtes Bad umwandeln lässt, ist Teil des Projektes. So lässt sich das Bad problemlos an unterschiedliche Lebenssituationen anpassen. Integriert in das Projekt ist auch ein Quartierstreff, der von einer Quartiersmanagerin betreut wird. Es gibt Besuchsdienste zwischen den Bewohnern untereinander, nachbarschaftliche Hilfestellungen im Haushalt und auch Begleitung bei Behördengängen oder Arztbesuchen. Dadurch wird umfassende Teilhabe ermöglicht und ein aktives, soziales Zusammenleben unterstützt.
Das Projekt zeigt: Barrierefreier Wohnraum muss nicht teuer sein, und die Beteiligung eines Sozialverbandes als anteiliger Bauherr bewirkte ein frühzeitiges Mitdenken der Teilhabe.
Das Wohnquartier am Schönwasserpark in Krefeld zeichnet sich durch Barrierefreiheit, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit aus.
Wohnprojekt Glockenspitz Krefeld – Wohnen am Schönwasserpark
- Preisgeld:
- 10.000 Euro
2. Preis: Selbstständiges Wohnen gGmbH (Projekt: SeWo-LWL-Programm für selbstständiges und technikunterstütztes Wohnen im Quartier)
Für das Projekt "SeWo-LWL-Programm für selbstständiges und technikunterstütztes Wohnen im Quartier" wurden bisher 50 Wohnungen an verschiedenen Standorten neu gebaut, insgesamt sind 180 Wohnungen geplant. Alle Wohnungen sind barrierefrei nach DIN 18040-2, zehn sogar uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar.
Eine Besonderheit ist das Zusammenspiel aus baulicher und technischer Unterstützung in den Wohnungen. Bewohnerinnen und Bewohner mit Beeinträchtigungen erhalten durch den Einsatz intelligenter Technik wie Sprachsteuerung für Licht und Jalousien oder Sprachausgaben am Herd mehr Komfort und Eigenständigkeit. Da die technischen Einrichtungen modular auch erst später ergänzt werden können, wird es möglich, länger in der eigenen Wohnung und damit im gewohnten Umfeld zu verbleiben. Geachtet wurde ebenfalls auf Grundrisse mit viel Bewegungsfreiheit und Abstellflächen. Auch ein Notfallmanagement ist gewährleistet. Darüber hinaus gibt es an jedem Standort ein Quartiersmanagement und Teilhabegestaltung. Ebenso findet die Kommunikation oft in Leichter Sprache statt, wie z.B. bei Mieterversammlungen. Auch die Mietverträge wurden in Leichte Sprache übersetzt.
Das Projekt ermöglicht für fast alle Mieterinnen und Mieter erstmalig das Leben in einer eigenen Wohnung. Positiv hervorzuheben ist hier die Tatsache, dass den Menschen trotz individuellem Unterstützungsbedarf ein sehr weitreichendes eigenständiges Leben in einer eigenen Wohnung mit vielen Gestaltungswünschen ermöglicht wird. Zum Erfolg des Projekts trug bei, dass Menschen mit Behinderung und Akteure der Eingliederungshilfe in den Planungsprozess aktiv mit eingebunden wurden.
Bei den 15 Wohnprojekten für Menschen mit wesentlichen Behinderungen, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit dem so genannten "SeWo-Programm" fördert, geht es darum, selbstständig in den eigenen vier Wänden leben.
SeWo – Selbstständiges Wohnen gGmbH
- Preisgeld:
- 5.000 Euro
3. Preis: Berlinovo Grundstücksentwicklungs GmbH (Projekt: PRINZ – Wohnheim für Studierende und Kita)
Das Neubau-Projekt "PRINZ – Wohnheim für Studierende und Kita" schafft barrierefreien und inklusiven Wohnraum für Studierende. Dabei sind etwa 270 Wohnungen und eine Kindertagesstätte mit Freiflächen geplant. Etwa die Hälfte der Apartments werden barrierefrei gebaut. Zudem ist in jeder Etage ein rollstuhlgerechtes Einzelapartment geplant sowie eine Inklusiv-Wohngemeinschaft, in der es rollstuhlgerechten und nicht-rollstuhlgerechten Wohnraum gibt. Die Erschließung wird stufen- und schwellenlos ausgeführt, ebenso werden die großen Gemeinschaftsbereiche barrierefrei zugänglich.
Besonderen Wert gelegt wurde auf eine barrierefreie Wegeführung mit durchgängiger, einheitlicher und kontrastreicher Gestaltung. Auch das Informations- und Leitsystem basiert auf eine Kombination von verschiedenen Leitelementen, Bodenindikatoren sowie akustischen und elektronischen Informationen. Im Sinne der Nachhaltigkeit und vielseitigen Nutzbarkeit wurden flexible Grundrisse geplant: So können mit geringem Aufwand Wände entfernt und Einzelapartments zusammengelegt werden. Dieses Projekt dient als Referenzobjekt für weitere Vorhaben, in dem sowohl die Planungs- und Bauprozesse als auch die modularen Bauweisen weiter (unternehmensintern) standardisiert werden sollen. Damit soll künftig einfacher, schneller und günstiger barrierefreier und inklusiver Wohnraum geschaffen werden können.
Als Projektentwickler mit sozialer Verantwortung plant, baut und vermietet die Immobilien-Gesellschaft bezahlbaren Wohnraum. Die Projekte umfassen u. a. Apartments, Flüchtlingsunterkünfte und Pflegeeinrichtungen.
Berlinovo Grundstücksentwicklungs-GmbH (BGG)
- Preisgeld:
- 2.500 Euro
Der Bundesteilhabepreis wird von dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund unterstützt. Mit dem Preis wird auch die Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention nach umfassender Teilhabe aufgegriffen. Initiiert wurde der Bundesteilhabepreis im Jahr 2019 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der InitiativeSozialraumInklusiv (ISI).
Mehr Informationen zum Bundesteilhabepreis finden Sie auf bundesteilhabepreis.de.